Ansegeln

Vorbereitungen

Nach einer erfolgreichen Woche Arbeitseinsatz im Hallenwinterlager ist Mathilda dieses Jahr erst am 11. Mai im Wasser gekommen. Das Kranen und Maststellen lief ohne Blessuren ab, wobei die Hafenmeister in Gelting Mole mit ihrer netten und ruhigen Art immer wieder eine große Hilfe sind. Da der Motor schon warmgelaufen war und keine Zicken zu machen schien, haben wir unaufgeriggt direkt nach Wackerballig verholt.

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Die nächsten zwei Tage habe ich damit verbracht das Boot seeklar zu machen. Dabei hat vor allem die Rollreffeinrichtung mal wieder einige Zicken gemacht. Ich kann mich einfach nicht mit unserer Gaeth-Endlos-Rollreffeinrichtung anfreunden. In ca. 50 % der Fälle verhakt sich das Fall beim Einziehen des Segels im Masttop und ich muss aufentern um es wieder herunterzubekommen. Vorsegelwechseln auf See ist also im Moment definitiv nicht drin.

Frühjahrstörn

Dienstagabend kam dann Birte, eine Freundin aus Hannover, an Bord und es wurde ein ordentliches Wiedersehensessen gekocht. Ausgelaufen sind wir dann erst am Mittwochnachmittag, da noch einige Restarbeiten zu erledigen waren. Bei einem frischen West-Nordwest und ein wenig Sonne sind wir zügig rund Kalkgrund gegangen und haben dann abgedreht, die Küste runter Richtung Schleimünde. Dabei fiel die Logge nicht mehr Vor Ankerunter Mathildas Rumpf-geschwindigkeit von 6 Knoten, sodass wir schon um kurz nach 18 Uhr unter Motor ins Schlei-Fahrwasser eingelaufen sind. Die Wahl für die Nacht fiel auf Ankern im Wormshöfter Noor mit Blick auf Maasholm. Nach dem zweiten Versuch hielt der Anker dann auch und wir ließen den Abend mit Wein und einem ordentlichen Essen ausklingen.

Am Vatertag war in der Schlei die Hölle los. Alles wollte raus auf die Ostsee. Wir reihten wir uns am späten Vormittag in die lustige Kolonne ein und dümpelten bei wenig Wind platt vorm Laken aus der Schlei heraus. Das Funkgerät wollte dabei einfach keine Ruhe geben. Sobald wir aber draußen waren, lichteten sich die Reihen und die meisten drehten nach Norden ab. Der Küste entlang aus Süden kam noch eine ganze Armada von Traditionsseglern – Ein herrliches Bild! Wo die wohl alle hinwollten? Wir setzten Kurs auf die Südspitze von Ærø ab und genossen Backstagsbrisensegeln vom Feinsten. Zwischendurch übernahm Helmut das Steuern und wir dösten unserem Ziel entgegen und liefen gegen halb fünf ins Marstaler Fahrwasser ein. Am Abend zogen wir noch etwas durch die maritimen Marstaler Altstadt-Gässchen und machten Bekanntschaft mit dem „Wodka von Dänemark“ – Prost!

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Der dritte Tag unter Segeln brachte herrliches Wetter mit. Wir liefen in Landabdeckung mit festgeknallten Schoten hoch am Wind ins nördliche Marstaler Fahrwasser. Leider riss dabei eine kurze Naht am Schothorn der Genua und so entschieden wir uns für einen Zwischenstop zum Vorsegelwechsel im beschaulichen Birkholm Havn. Der Vorsegelwechsel gestaltete sich wieder einmal schwierig, denn das ins Rollprofil integrierte Fall klemmte zwischen Profil und Vorstag fest. Ich musste hoch in den Mast und die Leine kappen um die Genua bergen zu können – Und dann erneut hoch um zum Setzen des neuen Vorsegels das Fall wieder einzufädeln. Ganz schön anstrengend das ständige Hochgeklettere – Selbst bei Mathildas kurzem Mast. Gut war aber dass ich Birte dabei hatte, die mich bei meinen Kletteraktionen zuverlässig sicherte – Und auch weil sie uns ein leckeres Mittagessen kochte, während ich mit den Vorsegeln beschäftigt war. Es war ein herrlich warmer Tag mit viel Sonne. Am Abend legten wir dann noch einmal ab und kreuzten in den Sonnenuntergang um dann gegen halb elf in Søby, wo die Bürgersteige an diesem Freitagabend schon hochgeklappt waren, für die Nacht festzumachen.

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Der „süße Hafenmeister von Søby“ (Zitat: Birte) warnte uns am Samstagmorgen vor dem zu erwartenden 30 kn Westwind, aber wir wollten/mussten wieder einmal heim und so entschieden wir uns loszusegeln und ggf. einen der auf der Strecke liegenden Häfen anzulaufen. Ich hoffte außerdem, dass die angekündigte Rechtsdrehung des Windes ausreicht um vernünftig in die Förde reinzukommen, was uns, wie sich herausstellen sollte, leider nicht vergönnt war. Wir kamen wieder einmal erst recht spät, gegen halb zwölf, los und es wurde ein anstrengender Tag an der Kreuz, bei zunehmenden Winden und größer werdender See. Die ersten Stunden waren noch recht entspannt und Birte übernahm das Ruder und ich döste ein Wenig vor mich hin. Gegen drei Uhr legte der Wind noch etwas zu. Und nach einem Gang unter Deck für kleine Seebärinnen wurde es Birte übel. Sie legte sich in die Koje und für den Rest des Tages war von ihr, außer einem leisen „klar“ beim über Stag gehen und dem darauffolgenden Kojenwechsel nach Lee, nicht mehr viel zu hören. Der Tag zog sich in die Länge und es wurde kalt und nass. Ein paar Mal stieg sogar Weißwasser von Lee ins Cockpit ein. Jede Meile nach Luv musste hart erkämpft werden und Mathilda zog ihre Schläge von Gammel Pøl bis Falshöft. Erst gegen halb neun Uhr abends hatten wir Kalkgrund backbord querab. Endlich konnten wir abfallen und die heiße Dusche war von hier nur noch eine gute Stunde entfernt. Noch was schnelles kochen, einen Anlege-Absacker und wir fielen wir wie tot in die Kojen.

Kalte Segelfreuden

Mathilda hat es wie geplant am 31. März in Gelting Mole ins Wasser geschafft. Es folgte ein kalter, aber schöner Start in die Segelsaison und los ging es mit einem Einhandschlag. Nach meiner ersten Nacht mit Mathilda vor Anker (am Geltinger Noor) machte ich mich auf und fand mich kurze Zeit später hinter Kalkgrund an der Ansteuerungstonne der Flensburger Förde wieder um zu Wenden um auf Stb-Bug die Küste entlang nach Südosten zu segeln. Bei herrlichen 4 Bft aus Ost konnte ich gut am Wind Kurs halten ohne der Küste zu nah zu kommen. Großartig! Unter Vollzeug liegt Mathilda bei diesem Kurs und Wind hervorragend auf dem Ruder und steuert sich praktisch selbst (Was von Vorteil ist, da der Autopilot im Moment kaputt ist). Und so dauerte es nicht lange und Schleimünde kam in Sicht. Gerne hätte ich die Einfahrt bei diesen günstigen Bedingungen unter Segeln gemacht. Da ich die Ansteuerung aber erst einmal als Crewmitglied gemacht habe (vor neun Jahren!) und ich etwas besorgt um ausreichend Manövrierraum in der Fahrrinne war, habe ich mich letztendlich doch entschieden an der Rotweißen die Segel zu streichen. Selbst bei wenig Wind stand in der Einfahrt eine Dünung, die Mathilda ordentlich schaukeln ließ. Jetzt kann ich erahnen, warum manch einer einen solchen Respekt vor dieser Einfahrt hat. Kurze Zeit später hab ich dann im Stadthafen in Kappeln festgemacht. Neben einer 41 Fuß Beneteau aus Svendborg war Mathilda das einzige Boot im Hafen und machte so direkt neben ihr, mit gut der hälfte ihrer Länge, einen eher niedlichen Eindruck.

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Am nächsten Tag stand der Wind weiter aus Ost, hatte zwischenzeitlich aber ordentlich aufgefrischt. Ich wollte mich nicht lumpen lassen und bin, nachdem ich tagsüber noch eine ruppige Motorrundfahrt durch das Schleiinnere unternommen und dabei mit der Verano in Arnis eine alte bekannte wiedergetroffen habe, abends los um irgendwo am Ostufer Richtung Schleimündung zu ankern. Als die Schlei sich jedoch nach Osten öffnete, war ich raus aus der angenehmen Wind und Landabdeckung und bekam richtig was auf die Mütze. Schnell ist klar, dass hier an Ankern nicht zu denken ist. Nach kurzer, nasskalter und sehr langsamer Fahrt (Mathilda stampfte sich immer wieder fest und senkte die Fahrt so oft auf unter einen Knoten), machte ich mit einem eher unelegantem Anlegemanöver gegen den Starkwind in einer Box in Maasholm fest. Selbst unter Vollgas in die Heckleinen konnte ich nicht verhindern, dass der Wind von vorne den Bug erfasst und in Richtung der Nachbarbox drückt. Da diese jedoch belegt war, konnte ich über das Deck des Nachbars die Vorleine ausbringen. Und den Fendern sei Dank, blieben Kratzer aus.

Nach einer stürmischen Nach war der Spuk am nächsten Morgen schnell vorbei und nach kurzem Segeln ging es unter Motor mangels Wind wieder zurück nach Wackerballig, wo kurz darauf mein Cousin Martin und sein Freund Wanja an Bord kamen. Zu dritt haben wir dann noch einen dreitägigen Törn in den Als-Sund unternommen und die schon bekannten Häfen Sonderburg und Augustenburg besucht. Von Flaute bis zur steifen Brise war in diesen Tagen alles dabei und und so blieb auch nicht jeder von Seekrankheit verschont und ich musste mein Wunschziel, die Insel Als zu umrunden, erneut aufschieben.

Insgesamt war es ein gelungener Saisonbeginn, den auch die Kälte nicht vermiesen konnte.